Beschluss: Beschlossen

Abstimmung: Ja: 17, Nein: 0

Die Gemeindeordnung enthält keine Regelung zur Bürgerfragestunde. Das kommunale Selbstverwaltungsrecht gewährleistet den Gemeinden jedoch das Recht, ihre Angelegenheiten im Rahmen des Rechts eigenverantwortlich zu regeln. Dazu gehört auch die Einrichtung einer Bürgerfragestunde. Wie diese im Einzelnen ausgestaltet wird, auch welche Fragen zuzulassen sind, ist von den Gemeinden vor Ort je nach den jeweiligen Gegebenheiten zu entscheiden. Staatliche Vorgaben hierzu gibt es nicht. Es ist lediglich sicherzustellen, dass kein Widerspruch zum Grundsatz der repräsentativen Demokratie auftritt. Daraus folgt, dass die Bürger kein Mitberatungsrecht im Gemeinderat haben und dementsprechend auch eine Bürgerfragestunde nicht während der Gemeinderatssitzung – jedoch vor oder nach dieser – zulässig ist. Die Bürgerfragestunde ist nicht Teil der Gemeinderatssitzung, sondern sie steht für sich und wird außerhalb der Tagesordnung abgehalten, auch wenn sie mit der Gemeinderatssitzung zeitlich zusammenhängt und im Sitzungssaal stattfindet (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, GO, Art. 52 Rn. 9; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, GO, Art. 18 Erl. 1; FSt 1967 Rn. 347). Eine gesetzliche Regelung der Bürgerfragestunde hält das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr im Hinblick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die danach bereits bestehende Möglichkeit der Einrichtung einer Bürgerfragestunde (s.o.) sowie die in der Gemeindeordnung vorgesehenen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung (z.B.: Bürgerversammlung, Bürgerbegehren, Bürgerantrag) nicht für erforderlich.

 

Zur Bürgerfragestunde gibt es keine gesetzlichen Regelungen und damit auch keinen Anspruch der Bürgerinnen und Bürger. Nach dem Konzept der Gemeindeordnung dient zur Bürgerbeteiligung in erster Linie die Bürgerversammlung (Art. 18 GO), die in der Gemeinde mindestens einmal jährlich abgehalten werden muss. Daneben stehen in der GO als sog. plebiszitäre Elemente der Bürgerentscheid und der Bürgerantrag zur Verfügung. Zudem existieren daneben in der Regel Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger, unmittelbar mit dem ersten Bürgermeister und ggf. auch den Fraktionen (z.B. Sprechstunde einzelner Fraktionen, Parteien, Gruppen) Kontakt aufzunehmen und Termine zu vereinbaren. Darüber hinaus sind Eingaben nach Art. 56 Abs. 3 GO möglich. Auch die Geschäftsordnungsmuster der kommunalen Vertretungen wie den bayerischen Gemeindetag sehen eine „Bürgerfragestunde“ nicht vor, sondern lediglich die Möglichkeit, dass Gemeinderatsmitglieder Anfragen zu allgemeinen Themen stellen (vgl. § 27 bzw. § 32 des Geschäftsordnungsmusters).  

 

Der bayerische Gemeindetag sowie die Kommunalaufsicht sind ebenfalls der Meinung, dass die Praxis in den Gemeinden hier sehr unterschiedlich ist. Viele Gemeinden betrachten eine institutionalisierte Bürgerfragestunde als überflüssig, weil die Bürgerinnen und Bürger sich jederzeit an die Gemeinderatsmitglieder und an den ersten Bürgermeister wenden können. Andere Gemeinden haben – dem Vernehmen nach – positive (Austausch mit Bürgerschaft, Werbung/Interesse für Kommunalpolitik), manche Gemeinden auch negative Erfahrungen mit der Bürgerfragestunde gemacht (z.B.: wird nicht genutzt; wird in erster Linie als öffentlichkeitswirksame Darstellung von Meinungen bestimmter Interessengruppen innerhalb der Gemeinde genutzt, einzelne Bürger sind kaum präsent oder kommen nur selten zu Wort).

 

Ein allgemeines Rederecht in Ratssitzungen steht aber ausschließlich den gewählten Mandatsträgern zu (vgl. Art. 29, 30 Abs. 1 Satz 1 GO), nicht aber den Zuhörern. Die Verankerung eines solchen allgemeinen Rederechts für BürgerInnen wäre u.E. rechtswidrig. Zuhörern kann allenfalls im Einzelfall das Wort erteilt werden, wenn sie zu einem TOP inhaltlich etwas beitragen können (z.B. der Antragsteller), vgl. dazu § 23 Abs. 4 bzw. § 28 Abs. 5 unserer Geschäftsordnungsmuster.

 

Sollte der Gemeinderat der Bürgerfragestunde näher treten wollen, wären entsprechende Konkretisierungen zu den „Spielregeln“ empfehlenswert (z.B. nur Fragen, keine Statements zugelassen (= Redezeitbegrenzung); keine Diskussion über Gegenstände der TO, die ja erst in der anschließenden öffentlichen Sitzung im Gemeinderat zu beraten sind etc.).

 

In der Sitzung erläutert Ratsmitglied Dr. Walter, dass die IGU die „Institution Bürgerfragestunde“ gerne wieder aufleben lassen möchte und somit die Möglichkeit den Bürgerinnen und Bürgern geben möchte, ihre Anfragen direkt an Bürgermeister und Verwaltung zu richten. Ratsmitglied May-Page ergänzt, dass die Bürgerfragestunde in der Vergangenheit schlecht beworben wurde, die Hemmschwelle einen Termin beim Bürgermeister zu vereinbaren für viele schon zu groß ist und somit ein niederschwelliges, barrierefreies Angebot wie die Bürgerfragestunde für alle Bürger ein gutes Angebot ist, die Interesse daran haben.

 

Bürgermeister Weidner erklärt, dass es gute Gründe für und gute Gründe gegen eine Bürgerfragestunde gibt. Mittlerweile gibt es allerdings auch viele Wege, um seine Anliegen zu formulieren oder auf Missstände im Ort hinzuweisen. Die Bürger kommen persönlich während der Öffnungszeiten oder sprechen den Vorsitzenden im Ort an „weil ich Dich gerade sehe“, wenden sich telefonisch oder per Mail an das Rathaus, geben Hinweise über Facebook wie beispielsweise bei Verschmutzungen am Kobel und am Krautäckerstadion oder ganz klassisch per Briefform. Durch Förderprogramme wie das „digitale Rathaus“ wurden die Onlineangebote ausgebaut, so dass rund um die Uhr mit mittlerweile 47 Online-Fachverfahren und 62 Onlineformulare das Rathaus 24/7 erreichbar ist. So gingen beispielsweise am langen Mittwoch gestern beim Geschäftsleiter 54 Anrufe und 80 Mails ein, die eine klare Sprache sprechen, dass die Bürger sich mit ihren Anliegen an die Verwaltung wenden. Auch wenn dabei der eine oder andere nicht durchkommt, was nachvollziehbar und verständlich ist, eine Bürgerfragestunde dann aber auch nicht weiterhilft.

 

Für persönliche Angelegenheiten ist der Vorsitzende immer ansprechbar, der Vorzugstermin ist dabei der Freitag vormittag. Um allerdings private Anliegen mehr Nachdruck zu verleihen, hat es sich nicht bewährt, zusätzlich öffentlichen Druck aufzubauen, was die Sachentscheidungen nicht beeinflussen wird. Die Praxis der vorigen Bürgerfragestunde hat gezeigt, dass sehr oft Anliegen, die auf der Tagesordnung stehen, gerne angesprochen wurden. Das müsste dann zur Enttäuschung der anfragenden Bürger abgewiesen werden, da diese erst in der sich anschließenden Marktgemeinderatssitzung behandelt werden dürfen.

 

Zusammenfassend erklärt Bürgermeister Weidner, dass er keinen zusätzlichen Kanal der Bürger ins Rathaus für nötig erachtet. Er bittet auch zu beachten, dass dieses Vorgehen nicht ohne zusätzlichen zeitlichen Aufwand der ehrenamtlichen Marktgemeinderatsmitglieder ablaufen kann.

 

In der sich anschließenden Diskussion entwickelte sich ein Modell, mit dem alle Fraktionen sich letztendlich einverstanden erklärten. Aus den einzelnen Wortbeiträgen macht Bürgermeister Weidner folgenden Beschlussvorschlag, der einstimmig vom Marktgemeinderat beschlossen wurde.


Beschluss:

Die Bürgerfragestunde beim Markt Rimpar wird wieder eingeführt. Mit der Ladung zur Marktgemeinderatssitzung wird darauf hingewiesen, dass vor jeder Marktgemeinderatssitzung um 19.00 Uhr eine Bürgerfragestunde stattfindet. Sitzungsbeginn der Marktgemeinderatssitzungen ist künftig 19.15 Uhr. Das Rede- und Fragerecht jedes einzelnen Bürgers wird auf 3 Minuten begrenzt. Es dürfen keine Anfragen und keine Diskussionen über Gegenstände der sich anschließenden Tagesordnung an den Bürgermeister gerichtet werden.